Mittwoch, 2. Mai 2012


Ich bin nicht mehr sicher, ob ich dich haben wollte, wenn ich dich haben könnte, aber ich bin sicher, dass ich dich haben möchte, seit ich dich nicht bekommen kann.
Als ich dich hatte, war ich ein König und alle konnten das sehen. Seit ich dich nicht mehr habe, bin ich ein Bettler vor meiner eigenen Tür. Ich bettle mich selbst an, dich zu vergessen, aber ich gestatte es mir nicht, denn das Aufgeben ist mir ebenso fremd wie die menschliche Gattung.
So viele Leben wandle ich nun schon unter den Wahnsinnigen und habe sie doch niemals richtig verstanden. Ihre Art zu lieben ist mir fremd.
Ich begreife nicht, wie sie Oberflächlichkeiten als Hindernisse für das Lieben betrachten können. Ich begreife nicht, wie sie eine Person gegen die andere tauschen und dabei von Liebe sprechen können.
Alles, was ich weiß, ist, dass ich deine Stimme immer noch hören kann und das Feuer deiner Lippen immer noch auf den meinen brennt und mein Schoß immer noch in Flammen steht, wenn ich deine Bilder sehe, mein Herz einen Schlag auslässt, wenn ich deinen Namen vernehme, meine Träume dich immer noch rufen und meine Tage nicht mehr in jenen Farben leuchten wie damals, in jener kurzen aber heiligen Zeit unseres Beisammenseins.
Ich spiele mit dem Lächeln anderer Frauen und forme es im Geiste zu deinem Lächeln. Ich sammle ihre Bewegungen und werfe sie zusammen in der Hoffnung, sie würden zu den deinen. Ich vollbringe Heldentaten im Geheimen, weil ich möchte, dass nur du sie sehen kannst. Ich zähle die Tage, so als hättest du mir ein Datum für deine Rückkehr genannt. Ich warte an einer Haltestelle, durch die niemals mehr ein Zug fahren wird. Ich rufe ein Taxi und nenne eine Adresse, die ich nicht kenne.
Ich weiß, du hast mich verlassen, damit ich mich selbst finde, doch wo ich stets zu finden bin, das ist im Spiegel deiner Augen. Wenn ich also nicht bei dir bin, wo bin ich dann?
- David Peterson Pauswek
© 2012 text by David Peterson Pauswek. Der hier veröffentlichte Text unterliegt einerCreative Commons Lizenz.